Kindermobilität: Fahrrad lenken oder Fahrrad schenken?

Kindermobilität: Fahrrad lenken oder Fahrrad schenken?

Sollten Kinder- und Jugendräder große Geschenke sein oder kauft man sie, wenn sie gebraucht werden? Fest steht: Der sofortigen Bedürfnisbefriedigung stehen Vorfreude und ein Bewusstsein von Wertigkeit entgegen. Der pressedienst-fahrrad hat sich bei Experten umgehört.

[pd-f/cg] Es ist ein großer Schritt für jedes Kind: Die ersten Meter auf dem Fahrrad, die Freude an Bewegung und Geschwindigkeit und das Bewusstsein, Mama und Papa mit Stolz zu erfüllen. Diese Aspekte des Radfahrens werden von den knapp Vierjährigen schon sehr bewusst wahrgenommen. Anders als die ersten Schritte oder die ersten Meter auf dem Laufrad, die sich eher in einem frühkindlichen „Flow“ abspielen – anders als etwas, das eben einfach so passiert.

Kindern Mobilität ermöglichen

Oft genug lernen Kinder auf fremden Rädern Fahrrad zu fahren – sie schnappen sich, was gerade so vorm Kindergarten herumsteht und die richtige Größe hat. Dann muss ganz schnell ein eigenes Rad her, unabhängig von der Jahreszeit und von wichtigen Festen und Daten. „Mein Sohn lernte knapp zwei Monate vor seinem vierten Geburtstag Rad fahren“, erinnert sich der Fahrradjournalist Caspar Gebel. „Dass wir stante pede zum Radladen gehen und ein gebrauchtes 18-Zoll-Bike kaufen, war eigentlich keine Frage.“

Eine weithin akzeptierte Vorgehensweise, hinter der eine bei Fahrradfreunden recht verbreitete Ansicht steht: Das Fahrrad ist ein (wenn auch hochwertiger und teurer) Gebrauchsgegenstand und muss dann angeschafft werden, wenn es an der Zeit ist – ähnlich wie eine warme Jacke, die man ja auch dann anschafft, wenn es kalt wird. „Natürlich soll man einem Kind idealerweise dann ein Fahrrad kaufen, wenn das Laufrad langsam zu klein wird oder das Kind motorisch und größenmäßig reif für das nächstgrößere Fahrrad ist“, erklärt Guido Meitler vom Kinderradhersteller Puky.

Gut Ding will Weile haben

Irgendwelche Gegenstimmen? Die gibt es durchaus. Vor allem dann, wenn nicht mehr das Grundbedürfnis an Mobilität befriedigt werden muss, sondern es sich um technische Updates beim fahrbaren Untersatz handelt. Warum nicht bis zum Geburtstag warten oder bis zu einem der großen Feste, an denen Gaben verteilt werden? Immerhin ist ein Fahrrad eine große Sache, vielleicht zu groß, um einfach mal zwischendurch geschenkt zu werden.
Auch aus Expertenkreisen ist diese Meinung zu vernehmen. „Weihnachten zum Beispiel ist für Kinder gerade im Jahresrhythmus sehr wichtig. Das Gabenfest ist ein zentraler Fixpunkt, auf den sich Kinder schon Wochen und Monate vorher stark fokussieren. Wenn sie dann unter dem glitzernden Weihnachtsbaum endlich ihr lang ersehntes funkelnagelneues Fahrrad sehen, gewinnt dieses besondere Geschenk enorm an Bedeutung. Genau durch diese Verknüpfung bekommt das neue Fahrrad dann eine außergewöhnlich große Wertigkeit“, meint Lilo Franzen, Gründerin der Bonner Fahrradschule für Kinder.
Das klingt interessant, und einmal abgesehen vom allerersten Fahrrad muss eine Neuanschaffung in der Regel nicht überstürzt werden. Die Wachstumsschritte, die ein größeres Fahrrad nötig machen, erfolgen nicht über Nacht, und auch ein Anlass wie die Einschulung, der das erste voll verkehrssichere Fahrrad nötig macht, kommt mit einigem Vorlauf.
„Wenn alles im Tagesgeschäft abgehandelt wird, geht die Wertigkeit verloren“, sagt Franzen und betont den Aspekt der Vorfreude, den ein etwa zu Weihnachten oder Ostern geschenktes Fahrrad hat. Auch wenn – oder gerade weil – das glänzende Zweirad nicht sofort benutzt werden kann, wird es Freude wecken, etwas Besonderes sein.

Auch Fahrradfreund Caspar Gebel hat diese Erfahrung gemacht. Seinem Sohn, der mit seinem kleinen Puky inzwischen BMX-Strecken unsicher macht, hat er zum sechsten Geburtstag ein Mountainbike versprochen. „Er redet oft davon, aber eher freudig als mit Ungeduld“, freut sich Gebel. Bis zum großen Tag wird noch mehr als ein halbes Jahr vergehen, andererseits ist diese Zeit nötig, um die fehlenden Zentimeter zu bringen, die dem Kleinen noch an Körpergröße fehlen, um sicher einen 20-Zöller fahren zu können. „Eltern sollten einem Kind, das es mit einem neuen Fahrrad eilig hat, durchaus dieses Argument vorhalten“, findet der Journalist.

Dass Eltern nicht dazu neigen, den Fahrradkauf zu überstürzen, ist etwas, was Lilo Franzen immer wieder erlebt. In dem Fahrradgeschäft, das sie mit ihrem Mann Jean Franzen führt, sind Ostern, Weihnachten sowie Kommunion bzw. Konfirmation typische Anlässe zum Verschenken eines Fahrrades. Das bestätigt auch Puky-Mann Guido Meitler: „Viele Kinderfahrzeuge und Fahrräder werden zu den klassischen Geschenkterminen verschenkt und weil Großeltern, Tanten und Onkel oft etwas dazutun, wird dann meist ein hochwertiges Fahrrad gekauft.“ In dieses Rad sollte das Kind aber bitte nicht erst hineinwachsen müssen. Ein weiterer Punkt, in dem sich die Experten Franzen und Meitler einig sind.
Dass Kinder mit dem Weihnachtsfahrrad nach Erfahrungen Lilo Franzens behutsamer umgehen, ist noch etwas, was gegen den Trend der sofortigen Bedürfnisbefriedigung spricht – auch wenn das Warten fahrradbegeisterten Eltern manchmal schwerfallen dürfte.

Der pressedienst-fahrrad hat es sich zur Aufgabe gemacht, dem guten Fahrrad und dessen Anwendung mehr Öffentlichkeit zu verschaffen. Denn wir sind der Meinung, dass Radfahren nicht nur Spaß macht und fit hält, sondern noch mehr ist: Radfahren ist aktive, lustvolle Mobilität für Körper und Geist. Kurz: Radfahren ist Lebensqualität, Radfahren ist clever und Radfahren macht Lust auf mehr…

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