Ein wegweisendes Urteil schafft Klarheit bei der Umsatzsteuer für digitale Sammelobjekte
Der Handel mit Non-Fungible Tokens (NFTs) boomt weiterhin, doch die steuerrechtliche Einordnung blieb für viele Händler bisher unklar. Das Niedersächsische Finanzgericht hat mit einem aktuellen Urteil vom 10. Juli 2025 (Az. 5 K 26/24) nun wesentliche Grundsätze für die umsatzsteuerliche Behandlung festgelegt. Die Entscheidung, die mittlerweile rechtskräftig ist, weist die Klage eines NFT-Händlers ab und bestätigt die Auffassung des Finanzamtes. Für NFT-Händler ergeben sich daraus klare Pflichten und Konsequenzen, die es zu beachten gilt.
Der Fall: NFT-Handel über dezentrale Plattformen
Im konkreten Fall handelte ein Einzelunternehmer im Jahr 2021 mit NFT-Collectibles über Plattformen wie OpenSea und Rarible. Die Transaktionen wurden über Smart Contracts auf der Ethereum-Blockchain abgewickelt. In seinen ursprünglichen Umsatzsteuer-Voranmeldungen hatte der Kläger die Umsätze noch mit dem ermäßigten Steuersatz von 7 Prozent versteuert, der für urheberrechtliche Leistungen gilt. Später vertrat er vor Gericht eine grundlegend andere Position: Er argumentierte, dass es sich beim NFT-Handel um nicht steuerbare Vorgänge handele. Seiner Auffassung nach liege mangels identifizierbarem Leistungsempfänger und aufgrund der pseudonymisierten Blockchain-Transaktionen kein Leistungsaustausch im Sinne des Umsatzsteuergesetzes vor.
Das Finanzgericht folgte dieser Argumentation nicht und bestätigte stattdessen die Rechtsauffassung des Finanzamtes. Die Kernpunkte der Entscheidung sind für alle, die mit NFTs handeln, von zentraler Bedeutung.
Die wesentlichen rechtlichen Einordnungen des Gerichts
Das Urteil bringt in mehrfacher Hinsicht Klarheit:
1.Keine Lieferung, sondern sonstige Leistung: Das Gericht stellte klar, dass NFT-Transaktionen keine Lieferungen, sondern sonstige Leistungen nach § 3 Abs. 9 UStG sind. Hintergrund ist, dass es sich bei rein digitalen Wirtschaftsgütern wie NFTs nicht um körperliche Gegenstände handelt. Auch die Sonderregelungen für Wertpapiere greifen hier nicht.
2.Der Leistungsempfänger ist identifizierbar: Entgegen der Behauptung des Klägers sah das Gericht die Leistungsempfänger über die Blockchain als hinreichend identifizierbar an. Die bloße Pseudonymisierung von Wallet-Adressen reicht nicht aus, um den Leistungsaustausch zu verneinen.
3.Steuerbarkeit am Wohnsitz des Empfängers: Die Leistung wird als elektronisch erbrachte Dienstleistung eingestuft. Der Ort der Leistung und damit der Steuerbarkeit liegt damit grundsätzlich am Wohnsitz des Leistungsempfängers (§ 3a Abs. 1 UStG). Hier liegt eine der größten praktischen Herausforderungen für Händler.
Praktische Konsequenzen und Pflichten für Händler
Aus der Entscheidung ergeben sich unmittelbare Handlungsanforderungen:
-Nachweispflicht für Auslandsumsätze: Da der Leistungsort im Ausland liegen kann, muss der Händler nachweisen können, wo seine Kunden ansässig sind. Im verhandelten Fall konnte der Kläger dies nicht ausreichend belegen. Infolgedessen schätzte das Gericht die steuerbaren Inlandsumsätze kurzerhand auf 50 Prozent der Gesamtumsätze. Diese pauschale Schätzung unterstreicht das Risiko einer unzureichenden Dokumentation.
-Regelsteuersatz statt ermäßigtem Satz: Das Gericht verneinte ausdrücklich die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes für urheberrechtliche Leistungen. NFT-Transaktionen unterfallen damit dem vollen Regelsteuersatz von derzeit 19 Prozent. Auch eine Steuerbefreiung als Wertpapiergeschäft (§ 4 Nr. 8 UStG) kommt nicht in Betracht.
-Keine pauschale Nichtsteuerbarkeit: Die Hoffnung, NFT-Handel auf dezentralen Plattformen pauschal als nicht steuerbar einstufen zu können, hat das Gericht zerschlagen. Die bestehenden umsatzsteuerlichen Regelungen sind auch auf diese neuartigen Geschäftsmodelle anwendbar.
Handlungsempfehlungen für NFT-HändlerUm nicht in die Fallstricke zu geraten, die im Urteil beschrieben werden, sollten gewerbliche NFT-Händler und Plattformbetreiber umgehend ihre Prozesse überprüfen:
1.Dokumentation des Kundenstandorts: Implementieren Sie Verfahren, um den Wohnsitz Ihrer Leistungsempfänger zu erfassen und zu dokumentieren. Dies ist entscheidend für die korrekte Bestimmung des Leistungsorts und die Vermeidung von Schätzungen durch das Finanzamt.
2.Korrekte steuerliche Einstufung: Gehen Sie bei der Versteuerung Ihrer NFT-Umsätze stets vom vollen Regelsteuersatz aus. Prüfen Sie im Einzelfall mit einem Steuerberater, ob Ausnahmen denkbar sind.
3.Buchführung und Aufzeichnungspflichten: Stellen Sie sicher, dass alle Transaktionen lückenlos und nachvollziehbar aufgezeichnet werden. Die Besonderheiten der Blockchain (Wallet-Adressen, Transaktions-Hashes) sollten dabei mit den kaufmännischen Belegen verknüpft werden.
Ausblick: Klarheit mit Folgen
Das Urteil des Niedersächsischen Finanzgerichts beendet eine Phase der Unsicherheit und schafft verbindliche Maßstäbe. Es macht deutlich, dass der Gesetzgeber und die Finanzverwaltung die steuerrechtlichen Rahmenbedingungen auch für hochinnovative, digitale Geschäftsmodelle durchsetzen. Für die Branche bedeutet dies einen Schritt hin zu mehr Rechtssicherheit, aber auch zu erhöhten Compliance-Anforderungen. Händler, die ihre steuerlichen Pflichten ernst nehmen und transparent agieren, können dieser Entwicklung gelassen entgegensehen und das weiterhin große Potenzial des NFT-Marktes ausschöpfen.
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- Finanzgericht (Wikipedia)
Das Finanzgericht (Abkürzung FG) ist ein besonderes Fachgericht. Es ist in Deutschland das Gericht erster Instanz für den Rechtsweg in finanzgerichtlichen Streitigkeiten. Die Richter befinden über Rechtsstreitigkeiten zwischen Steuerbürger und Finanzverwaltung (Finanzämter, Zollbehörden, Familienkassen und Deutsche Rentenversicherung Bund in Altersvorsorgezulagesachen (§ 98 Einkommensteuergesetz)). Der Aufbau der Finanzgerichtsbarkeit ist anders als der der übrigen Gerichtsbarkeiten zweistufig. - Leistungsort (Wikipedia)
Als Leistungsort bezeichnet man im deutschen Zivilrecht den Ort, an dem der Schuldner die Leistungshandlung vorzunehmen hat, die er kraft schuldrechtlicher Verpflichtung erbringen muss. Das Gesetz bezeichnet diesen Ort in § 447, § 644 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) und § 29 der Zivilprozessordnung (ZPO) auch als Erfüllungsort. Der Leistungsort ist zu unterscheiden vom Erfolgsort, der den Ort bezeichnet, an dem der Leistungserfolg eintritt. Die Bestimmungen über den Leistungsort erfassen auch den Ort der Gegenleistung. Grundsätzlich wird der Ort von Leistung und Gegenleistung eigenständig und unabhängig voneinander bestimmt. So kann beispielsweise im Falle eines Kaufvertrags der Verkäufer die Kaufsache an einem Ort übereignen müssen und der Käufer an einem anderen den Kaufpreis zu zahlen haben. - Sonstige Leistung (Wikipedia)
Das Umsatzsteuergesetz regelt die Umsatzbesteuerung von Lieferungen und sonstigen Leistungen, die ein Unternehmer im Inland gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausführt, der Einfuhr von Gegenständen ins Inland oder in die österreichischen Zollausschlussgebiete Jungholz und Mittelberg, nicht jedoch ins Schweizer Zollanschlussgebiet Büsingen am Hochrhein (Einfuhrumsatzsteuer), des innergemeinschaftlichen Erwerbs im Inland gegen Entgelt. - Steuerbarkeit (Wikipedia)
Ein System ist vollständig steuerbar, wenn ein Zustand in endlicher Zeit durch geeignete Stellsignale zu jedem beliebigen neuen Zustand überführt werden kann. Steuerbar ist ein System, wenn es von ausgewählten Anfangszuständen in ausgewählte Endzustände überführt werden kann. Die Steuerbarkeit beschreibt somit den Einfluss äußerer Eingangsgrößen (in der Regel der Steuergrößen) auf den inneren Systemzustand. Dabei wird zwischen Ausgangssteuerbarkeit und Zustandssteuerbarkeit unterschieden. Umgangssprachlich wird die Vokabel steuerbar häufig benutzt im Sinne von regelbar. Fachsprachlich wird aber unterschieden zwischen steuerbar, beobachtbar und regelbar. Damit ein System regelbar ist, muss es sowohl möglich sein, seinen Zustand zu beobachten, als auch diesen zu steuern. Für die praktische Anwendung ist normalerweise Regelbarkeit relevant. Steuerbarkeit ist ein Aspekt davon. Das Begriffspaar Steuerbarkeit und Beobachtbarkeit wurde nach 1960 von Rudolf Kálmán eingeführt. - Umsatzsteuer (Wikipedia)
Eine Umsatzsteuer (USt) ist eine Steuer, die das Entgelt für Lieferungen und sonstige Leistungen von Unternehmern besteuert; eine Gemeinschaftsteuer; eine indirekte Steuer; eine Verkehrsteuer oder (auch) Verbrauchsteuer; eine oftmals zwischen Nachbarstaaten harmonisierte Steuer (Steuerharmonisierung); und eine Haupteinnahmequelle des Staates (Steueraufkommen). Die Umsatzsteuer wird prozentual vom Entgelt (Nettoverkaufspreis = Umsatz des Lieferanten) berechnet und bildet zusammen mit diesem den vom Leistungsempfänger zu entrichtenden Preis (Bruttoverkaufspreis). Die Umsatzsteuer gehört nicht zu den betrieblichen Kosten und mindert nicht den Ertrag des Unternehmers. Es gibt im Wesentlichen zwei Varianten der Umsatzsteuer: Die in Deutschland bis 1967 und in Österreich bis 1973 verwendete Allphasen-Brutto-Umsatzsteuer und die seither verwendete Allphasen-Netto-Umsatzsteuer mit Vorsteuerabzug. Die Gesetzgeber in Deutschland und Österreich hatten bei der Umstellung den Namen der Steuer unverändert gelassen; dennoch hat sich außerhalb des amtlichen Sprachgebrauchs der Ausdruck Mehrwertsteuer (MwSt.) für die neue Variante mit Vorsteuerabzug durchgesetzt. Diese Bezeichnung ist insofern passend, als bei der neuen im Gegensatz zur alten Variante grundsätzlich nur die Wertschöpfung belastet wird.