Der „Dickpic-Paragraph“ im österreichischen Strafrecht: Wann greift Strafbarkeit?
Der sogenannte „Dickpic-Paragraph“ sorgt derzeit für breite öffentliche Diskussionen. Gemeint ist die Strafbarkeit der unaufgeforderten Übermittlung von Bildaufnahmen menschlicher Genitalien nach österreichischem Strafrecht. Die Regelung soll vor allem unerwünschte digitale Übergriffe verhindern – ihre Anwendung setzt jedoch mehrere klar definierte Voraussetzungen voraus.
Zentrale Voraussetzung ist zunächst die Tathandlung: Übermittelt werden muss eine Bildaufnahme, die wesentlich menschliche Genitalien, also primäre Geschlechtsorgane, zeigt. Erfasst sind nicht nur reale Fotografien, sondern auch bearbeitete oder künstlich erstellte Darstellungen. Was unter „vergleichbarem Material“, dessen Übersendung ebenfalls strafbar sein kann, konkret zu verstehen ist, lässt der Gesetzgeber offen, sodass die Auslegung im Einzelfall der Rechtsprechung überlassen bleibt.
Darüber hinaus muss die Übermittlung unaufgefordert erfolgen. Einvernehmliches Sexting oder die bewusste Zusendung im Rahmen gegenseitiger Kommunikation ist nicht tatbestandsmäßig. Strafbar ist ausschließlich das Eindringen in die persönliche Sphäre ohne vorherige Zustimmung.
Weiters muss die Tat mittels Telekommunikation oder eines Computersystems begangen werden. Dazu zählen klassische Kommunikationsmittel wie SMS oder E-Mails ebenso wie Messenger-Dienste, Social-Media-Plattformen, Airdrop oder Bluetooth.
Ein zentrales Tatbestandsmerkmal ist die Belästigung der empfangenden Person. Erforderlich ist ein gewichtiges negatives Gefühl wie Schock, Ekel oder Unwohlsein. Bloße Belustigung oder sexuelle Erregung genügen nicht.
Schließlich ist Vorsatz erforderlich: Die Übermittlung muss absichtlich erfolgen, während hinsichtlich der übrigen Tatbestandsmerkmale zumindest Eventualvorsatz genügt.
Bemerkenswert ist, was nicht erfasst wird: Der postalische Versand entsprechender Darstellungen ist nicht strafbar – eindeutig zweideutige Beilagen zu Liebesbriefen unterfallen also nicht dem hier gegenständlichen Verbot. Der Gesetzgeber erkennt hier offenbar eine grundlegend andere rechtliche Qualität als beim digitalen Versand.
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