In Kooperation mit der Hypros GmbH hat das Fraunhofer-Institut für Graphische Datenverarbeitung IGD einen Proof of Concept für eine berührungslose Sensortechnologie zur Früherkennung von spontaner Änderung des Gesundheitszustandes abgeschlossen. Ziel des Projekts HealthView ist es die Untersuchung, inwieweit sich Vitalparameter wie Atemfrequenz, Puls oder Körpertemperatur mithilfe von KI und bildgebenden Sensoren aus der Ferne zuverlässig erfassen lassen.
Plötzliche Zustandsänderungen, etwa durch Infektionen, Medikamentenreaktionen, Flüssigkeitsungleichgewichte oder Kreislaufprobleme, können im klinischen Alltag schwer vorhersehbar sein. Eine kontinuierliche, berührungslose Überwachung könnte medizinisches Personal frühzeitig auf kritische Entwicklungen aufmerksam machen. Auch Hinweise auf eine mögliche Sepsis könnten so frühzeitig erkennbar sein. Sepsis zählt mit jährlich bis zu 100.000 Fällen allein in Deutschland zu den häufigsten, aber oft unterschätzten Gesundheitsgefahren in Krankenhäusern. Eine frühzeitige Erkennung ist entscheidend für das Überleben der Patientinnen und Patienten, bisherige manuelle Kontrollen stoßen hier an ihre Grenzen. Der vom Fraunhofer IGD in Rostock durchgeführte Machbarkeitsnachweis zeigt, dass eine KI-gestützte Kombination aus RGB-Kameras, Thermal- und Distanzsensoren künftig als Frühwarnsystem dienen könnte, direkt über dem Krankenhausbett installiert und ohne direkten Patientenkontakt. Erste Tests mit hochauflösenden Sensoren belegen, dass selbst unter Decken liegende Brustkorbbewegungen detektiert werden können.
Datenschutzkonforme Fernüberwachung im Klinikalltag
Die Hypros GmbH bringt langjährige Expertise im Bereich datenschutzfreundlicher Fernüberwachung in das gemeinsame Projekt ein. Das Unternehmen hat ein KI-basiertes System zur Erkennung kritischer Krankenhaussituationen wie nächtliche Bettfluchten, beginnendes Delir oder Druckgeschwüre entwickelt. Dabei kommen batteriebetriebene IoT-Geräte mit niedrigauflösenden optischen Sensoren und Umweltsensoren zum Einsatz, die keine identifizierenden Bilddaten erzeugen. Eine zweistufige KI-Architektur, bei der ein trainiertes Modell auf hochauflösenden Bildern basiert und auf die Low-Res-Sensorik übertragen wird, ermöglicht eine effektive Ereigniserkennung bei gleichzeitigem Schutz der Privatsphäre. Die Lösung erlaubt eine kontinuierliche Überwachung und liefert Pflegekräften in Echtzeit relevante Informationen zum Zustand der Patienten. Dabei bleibt die Rolle von Ärztinnen und Ärzten zentral: Die KI liefert Hinweise und Einschätzungen. Die letztendliche Entscheidung über Diagnostik und Therapie liegt immer beim medizinischen Fachpersonal.
„Angesichts des demografischen Wandels und des zunehmenden Fachkräftemangels im Pflegebereich braucht es Technologien, die gezielt entlasten und gleichzeitig Sicherheit für Patientinnen und Patienten schaffen“, sagt Tobias Gebhardt, CEO der Hypros GmbH. „Gerade in Zeiten knapper personeller Ressourcen kann KI-gestützte Fernüberwachung einen wertvollen Beitrag zur Versorgungsqualität leisten.“
Machbarkeitsnachweis legt Fundament für Weiterentwicklung
Die Untersuchung ergab, dass eine zuverlässige berührungslose Erfassung relevanter Sepsis-Anzeichen wie Atemfrequenz, Puls oder Körpertemperatur technisch prinzipiell möglich ist, sofern Sensorauflösung, Algorithmen und Systemarchitektur entsprechend angepasst werden. Bestehende Lösungen wie das Patientenmonitoring der Hypros GmbH lassen sich mit höher auflösender Wärmebildtechnik, RGB-Kameras und KI-gestützter Datenfusion erweitern. Insbesondere die Positionierung und Energieeffizienz der Sensorik sowie die Integration in bestehende klinische Abläufe stellen zentrale Herausforderungen dar.
Die Projektergebnisse bieten eine fundierte Grundlage für die Weiterentwicklung hin zu einem marktfähigen System. Als nächste Schritte empfiehlt das Fraunhofer IGD die Beantragung weiterer Fördermittel, die Evaluation höherauflösender Sensoren und KI-basierter Bewertungsalgorithmen im klinischen Einsatz sowie die Untersuchung der Temperaturerfassung mit höherer Auflösung.
Weiterführende Informationen
Mehr Informationen zur Digitalisierung in der Pflege: https://www.igd.fraunhofer.de/de/branchen/gesundheit/digitalisierung-in-der-pflege.html
Über das Fraunhofer IGD:
Das Fraunhofer-Institut für Graphische Datenverarbeitung IGD setzt seit über 30 Jahren Standards im Visual Computing, der bild- und modellbasierten Informatik. Die rund 260 Mitarbeitenden des Fraunhofer IGD unterstützten Unternehmen und Institutionen der Branchen Automotive, Gesundheit und Pflege, Bioökonomie, Software- und IT-Wirtschaft, Maritime Wirtschaft sowie Kultur- und Kreativwirtschaft. Das Fraunhofer IGD bietet konkrete technologische Lösungen und hilft bei der strategischen Entwicklung. Die Forscherinnen und Forscher betreiben Problemanalyse, konzipieren Soft- und Hardwaresysteme, entwickeln Prototypen und realisieren und implementieren visuell-interaktive Systeme. Schwerpunkte sind Mensch-Maschine-Interaktion, Virtual und Augmented Reality, künstliche Intelligenz, interaktive Simulation, Modellbildung sowie 3D-Druck und 3D-Scanning. Das Fraunhofer IGD betreibt seit 1987 Spitzenforschung und begleitet an seinen zwei Standorten Darmstadt und Rostock den gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Wandel mit anwendungsorientierten Lösungen. Internationale Relevanz entfalten seine Produkte durch die Zusammenarbeit mit dem österreichischen Schwesterinstitut an den Standorten Graz und Klagenfurt sowie die Beteiligung an verschiedensten EU-Projekten.
Kontakt
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- digital health (Wikipedia)
Digital Health wird als umfassender Begriff für die Anwendung von Informations- und Kommunikationstechnologien im Zusammenhang mit der gesundheitlichen Versorgung des Einzelnen und der Bevölkerung verstanden. Digital Health unterscheidet sich kaum vom Begriff E‑Health. Digital Health ist ein interdisziplinärer Bereich, an dem viele Akteure beteiligt sind, darunter Mitarbeiter in Krankenhäusern, Wissenschaftler und Forscher mit einem breiten Spektrum an Fachwissen in den Bereichen Gesundheits- und Ingenieurwesen, Sozialwissenschaften, öffentliche Fürsorge, Ökonomie und Management. - Medizin (Wikipedia)
Die Medizin (von lateinisch medicina) ist die Wissenschaft der Vorbeugung, Erkennung und Behandlung von Krankheiten, Verletzungen und Behinderungen bei Menschen und Tieren. Sie wird von medizinisch ausgebildeten Heilkundigen ausgeübt mit dem Ziel, die Gesundheit zu erhalten oder wiederherzustellen. Dabei handelt es sich meist um Ärzte, aber auch um Angehörige weiterer Heilberufe. Zum Bereich der Medizin gehören neben der Humanmedizin die Zahnmedizin, die Veterinärmedizin (Tiermedizin) und in einem weiteren Verständnis auch die Phytomedizin (Bekämpfung von Pflanzenkrankheiten und Schädlingen). In diesem umfassenden Sinn ist Medizin die Lehre vom gesunden und kranken Lebewesen. Die Kulturgeschichte kennt eine große Zahl von unterschiedlichen medizinischen Lehrgebäuden, beginnend mit den Ärzteschulen im europäischen und asiatischen Altertum, bis hin zur modernen Vielfalt wissenschaftlicher Erkenntnisse. Die Medizin umfasst auch die anwendungsbezogene Forschung ihrer Vertreter zur Beschaffenheit und Funktion des menschlichen und tierischen Körpers in gesundem und krankem Zustand, mit der sie ihre Diagnosen und Therapien verbessern will. Die (natur)wissenschaftliche Medizin bedient sich dabei seit etwa 1845 zunehmend der Grundlagen, die Physik, Chemie, Biologie und Psychologie erarbeitet haben. Als Mediziner bezeichnet man eine Person, die Medizin studiert hat. - Patientenüberwachung (Wikipedia)
Ein Monitor im medizinischen Sinn (auch Vitaldatenmonitor) ist ein Gerät oder eine Gerätekombination, mit dem Vitalparameter eines Lebewesens gemessen und überwacht werden. Monitore werden als Patientenüberwachungssystem vor allem während der Narkose bei Operationen, bei kritisch kranken Patienten in der Intensivmedizin, während Untersuchungen mit einer Sedierung oder bei anderen Krankheitsbildern, die eine kontinuierliche Überwachung erfordern, eingesetzt (Monitoring). Für den Einsatz bei Notfallpatienten stehen mobile Geräte zur Verfügung. Je nach Anwendungszweck sowie gesetzlichen Forderungen (z. B. Mindeststandards der Überwachung während Narkosen) sind die Geräte mit unterschiedlich vielen Messparametern ausgestattet, es gibt aber auch modular aufgebaute Geräte, die sich durch Einschieben entsprechender Parameterboxen erweitern lassen. - sepsis (Wikipedia)
Die Sepsis ist ein lebensbedrohlicher Zustand, der entsteht, wenn die körpereigenen Abwehrreaktionen gegen eine Infektion die eigenen Gewebe und Organe schädigen. Sie ist eine der schwersten Komplikationen von Infektionskrankheiten, die durch Bakterien, Viren, Pilze oder Parasiten ausgelöst werden. Zu den häufigsten Infektionen einer Sepsis gehören Lungenentzündung, Magen-Darm-Entzündung und Entzündung im Bereich des Urogenitaltrakts, ferner auch Infektionen von Haut- und Weichteilgewebe, des zentralen Nervensystems und sogenannte katheterassoziierte Infektionen. Sepsis muss als Notfall behandelt werden. Eine Sepsis bzw. eine septische Erkrankung entsteht, wenn die körpereigenen Abwehrsysteme eine Infektion und deren Folgen nicht mehr lokal begrenzen können. Es kommt zu einer überschießenden Abwehrreaktion des Körpers, die das eigene Gewebe und Organe schädigt. Wird die Sepsis nicht rechtzeitig erkannt und behandelt, kann dies zum Mehrfachorganversagen oder einem septischen Kreislaufschock führen und tödlich enden. Häufige Symptome sind Fieber, mentale Veränderungen, schwere, schnelle Atmung, hohe Herzfrequenz und schweres Krankheitsgefühl. Bei Neugeborenen, sehr alten Menschen und Menschen mit geschwächtem Immunsystem kann eine Sepsis jedoch auch ohne offensichtliche Zeichen einer Infektion vorliegen und auch die Körpertemperatur kann normal oder erniedrigt sein. Ein erhöhtes Risiko für Sepsis haben Früh- und Neugeborene, Menschen in höherem Alter und Menschen mit einem geschwächten Immunsystem auf Grund von chronischen Erkrankungen, Diabetes mellitus, Krebs oder AIDS. Die Intensivmedizin kann durch vorübergehenden Ersatz oder Unterstützung der Organfunktionen (Beatmung, Nierenersatztherapie, Kreislauftherapie, Gerinnungstherapie) kritische Phasen überbrücken. Trotzdem versterben ca. 25 % der Patienten mit Sepsis und 45 % der Patienten mit schwerer Sepsis unter maximaler Therapie. Der frühestmögliche Therapiebeginn ist entscheidend für das Überleben. Sepsis ist eine der häufigsten und kostenintensivsten Erkrankungen im stationären Sektor. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) erklärte die Erkrankung daher 2017 zu einer der führenden Prioritäten in den …